Wann ist ein Bauteil trocken? So allgemein gültig lässt sich diese einfach anmutende Frage nicht beantworten. Es braucht einen individuell für das Bauteil definierten Grad an zulässiger Restfeuchte auf der Oberfläche. Die Festlegung von Grenzwerten für die Restfeuchte ist jedoch noch schwieriger als bei Sauberkeitsspezifikationen. Unterstützung dabei bietet die neue Leitlinie „Trocknung in der Bauteilreinigung“ des FiT Fachverband industrielle Teilereinigung e.V., in dem Silberhorn Mitglied ist.
Sauber und trocken – eine gängige Spezifikation in der industriellen Bauteilreinigung. Wobei das „Sauber“ inzwischen meist mit Spezifikationen zu partikulären und immer häufiger auch zu filmischen Restkontaminationen definiert wird. Ganz anders sieht es beim Zustand „trocken“ aus. Obwohl auch die Trocknung den Reinigungserfolg beziehungsweise die erzielte Sauberkeit beeinflusst, liegt das Ergebnis im Empfinden und Auge des Betrachters. Es geht dabei unter anderem um Fragestellungen wie: Beinhaltet trocken auch fleckenfrei, hat die Trocknung zu temperaturbedingten Veränderungen der Oberfläche verursacht oder ist Korrosion entstanden, beispielsweise Flugrost. Dies verdeutlicht, warum es bei der unspezifizierten Vorgabe „trocken“ zwischen Teilefertigern und Kunden immer wieder zu Diskussionen kommt, ob das Bauteil nun anforderungsgerecht trocken ist oder nicht.
Grenzwerte für zulässige Restfeuchte vereinbaren
Grund für dieses ist Dilemma ist, dass es keinen allgemein gültigen Zustand für ein beliebiges Bauteil gibt, der als trocken bezeichnet werden kann. Durch den Prozess der Trocknung wird in der industriellen Teilereinigung die auf der Oberfläche gereinigter Teile verbleibende Menge an flüssigen Reinigungs- beziehungsweise Prozessmedien bis zu einem notwendigen Grad reduziert. Und genau das ist der Punkt: Wie viel Trocknung ist erforderlich beziehungsweise welcher Grenzwert muss bei der Restfeuchte eingehalten werden und welche weiteren Faktoren sind abhängig vom Bauteil und Folgeprozess zu berücksichtigen? Es sind also auch für die Trocknung genaue Spezifikationen erforderlich, die auf qualitativ oder quantitativ nachprüfbaren Angaben basieren.
Neue Leitlinie „Trocknung in der Bauteilreinigung“ bietet Hilfestellung
Mit diesem Thema hat sich der Fachausschuss Verfahrens- und Anlagentechnik des FiT Fachverband industrielle Teilereinigung e.V. intensiv beschäftigt und eine neue Leitlinie dazu erarbeitet. Sie knüpft an die existierenden Leitlinien und Richtlinien des FiT an und schließt die Informations- und Wissenslücken zur Trocknung in der Bauteilreinigung.
Die neue Leitlinie „Trocknung in der Bauteilreinigung“ definiert zunächst den Prozess „Trocknung“ und den Zustand „trocken“, wobei hiermit eigentlich ein vereinbarter Grad an Restfeuchte gemeint ist. Dargestellt werden darüber hinaus die verschiedenen Aspekte der Trocknung. Es wird dabei einerseits nach Prozessmedien und Trocknungsprinzipien unterschieden. Darüber hinaus geht es um Zielstellungen bei der Trocknung, Einflussfaktoren und Mess- und Analysemethoden, um das Trocknungsergebnis zu überprüfen. Eine Einteilung von Trocknungstechnologien nach Wirkprinzip, Verfahren, Wirkort und Geometrieabhängigkeit ermöglicht eine Einschätzung, mit welcher Methode der vereinbarte Grad der Restfeuchte erreichbar ist. Bevor diese festgelegt wird, sollten die Bauteileignung, die zu erzielenden Sauberkeitsspezifikationen und die Anforderungen des Folgeprozesses mit in die Betrachtung einfließen. Das zählen beispielsweise die Bauteilgeometrie und das Material ebenso wie die Temperatur, Warenträger und das Werkstückhandling während der Trocknung. Inhalt der Leitlinie ist darüber hinaus eine Checkliste für die Definition der Trocknungskriterien, die als Grundlage einer Vereinbarung zwischen Teilefertiger und Kunde dienen kann. Dabei wird auch eine Vorgehensweise beschrieben, falls das vereinbarte Trocknungsergebnis nicht erreicht wird.
Handlungsempfehlungen für die qualitätssichernde Bauteilreinigung
Die neue Leitlinie „Trocknung in der Bauteilreinigung“ ergänzt eine Reihe von Publikationen des FiT, der als Navigator der Bauteilreinigung Anwender industrieller Reinigungstechnik mit Grundlagen- und Expertenwissen sowie praxistauglichen Handlungsempfehlungen unterstützt. Zu diesen Veröffentlichungen zählen die „Leitlinien für eine qualitätssichernde Prozessführung in der Bauteilreinigung“ und die „Checkliste zur Planung eines Reinigungsprozesses“, die für die Auslegung von Reinigungsprozessen eine grundlegende Orientierung geben. Die rund 160 Seiten starke Richtlinie „Filmische Verunreinigungen beherrschen“ informiert anhand eines systematischen Vorgehens und firmenunabhängiger Handlungsempfehlungen, wie die Prozesskette der Bauteilreinigung aufgebaut und optimiert werden kann, um Anforderungen an filmische Restkontaminationen auf Bauteiloberflächen sicher zu erfüllen. Alle Publikationen sind über die Geschäftsstelle des FiT beziehungsweise die Homepage erhältlich.